„Die Schweizer verschmähen bei der Hochzeit keinen Spaß“, sagt der Hochzeitsfotograf Ludvík Daněk

Ludvík Daněk (alias Ludwig Dalen – für seine Schweizer Kunden) fotografiert seit neun Jahren Hochzeiten in der Schweiz. Während dieser Zeit erlebte er verschiedene Arten von Hochzeiten, er konnte zahllose lokale Bräuche beobachten, er fotografierte an ungewöhnlichen Orten – einfag gesagt, er hat eine breite Erfahrung mit Hochzeiten in der Schweiz. Und er wird sie durch diesen Beitrag mit euch teilen.

Wir kommen beide aus der gleichen mährischen Region, also wissen wir beide, wie Hochzeiten in unserem Land stattfinden. Kannst du die grundlegendsten Unterschiede beschreiben, die du bei der Hochzeit in der Schweiz erlebt hast?

Ja, es gibt gewisse Unterschiede. Sie sind hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass in der Schweiz mehr als die Hälfte der Hochzeitspaare nicht Schweizerbürger sind, sondern ein oder beide Partner einer anderen Nationalität angehören. Aber wenn ich mich nur auf die echten Schweizer Hochzeiten konzentriere, sehe ich den Hauptunterschied in der Gastfreundschaft. Auf mährischen oder tschechischen Hochzeiten werden vom Anfang des Hochzeitstages an alle Arten von Delikatessen, Kuchen, Desserts, Getränke und natürlich auch lokale Spirituosen aufgetischt. Diese Leckereien werden den Gästen, die sich am Morgen bei der Braut oder beim Bräutigam treffen, auch reichlich angeboten.

In der Schweiz kommen die Gäste erst zur Zeremonie oder Ziviltrauung. Dann folgen herzliche und lange Glückwünsche und die Übergabe der Geschenke, gefolgt von einem Apero riche für alle Gäste (meist eines äusseren Freundes- und Verwandtenkreises). Die meisten Aperos werden am Ort der Ziviltrauung abgehalten. Das grosse Hochzeitsfest (mit oder ohne kirchliche Trauung) findet dann mit der nahen Verwandtschaft und dem engeren Freundeskreis oft Tage oder Wochen später statt. 

Kirchliche Trauung: Nach der kirchlichen Zeremonie ziehen die Brautpaare und ihre Familien und Freunde zu einem vorbestimmten Ort, an dem die Hochzeitsfeierlichkeiten weitergehen. Wie in unserem Land, mit Spielen, Abendessen, dem ersten Tanz, Anschneiden eines Kuchens und Nachtisch (in Form eines Banketts). Ein interessanter Punkt ist, dass die Schweizer auch verschiedene Käsesorten als Nachspeise anbieten.

Gibt es auch Trends? Hat sich etwas verändert, seit du mit Hochzeitsfotos in der Schweiz begonnen hast?

Ich bin seit 9 Jahren hier und die Dinge haben sich in dieser Zeit nicht stark verändert. Natürlich folgen Hochzeitspaare der Mode und suchen sich schöne, moderne Brautkleider und Anzüge aus. Sie lassen sich auch von modernen Ideen für Hochzeitsdekorationen inspirieren. Ich finde es sympathisch, dass junge Paare in der Schweiz nicht nur Hochzeiten im Hotel-Stil, mit Limousinen, Helikopter uam. mögen. Immer häufiger planen sie Hochzeitsempfänge und After-Party in der gemütlichen Atmosphäre einer familiären Umgebung. Oder auf einem Bauernhof wird z.B. ein Stall festlich hergerichtet. Dies unterstreicht die Einheit und Wichtigkeit der Familie und oft eines 3-Generationen-Betriebs, aber auch die grosse Bedeutung des Bauernhofs als Zuhause.

Haben die Schweizer ihre besonderen Traditionen? Etwas wie einen Teller brechen und Scherben fegen? Oder die „Entführung“ einer Braut?

Ja, Hochzeitstraditionen sind bei Schweizer Hochzeiten üblich. Tauben werden heraus gelassen, Herzen werden ausgeschnitten, Laternen oder Ballons mit den Wünschen für die Jungverheirateten in die Luft steigen gelassen. Bei der Hochzeit kann manchmal eine alte Dame mit einem Korb voller lustiger Geschenke oder der sogenannten “Aussteuer” (Haushaltausrüstung) für das Brautpaar erscheinen. Oder die Braut kann auch mal „verloren“ gehen. Eine traditionelle Blume, die bei der Hochzeitsdekoration nicht fehlen darf, ist die Sonnenblume. Sie soll ein glückliches und freudiges Leben voller Energie bringen. Zudem pflegt jeder Kanton seine Traditionen in ihrer Vielfalt.

Gibt es einen Unterschied zwischen der standesamtlichen Trauung und der kirchlichen Zeremonie?Oder zwischen den christlichen Konfessionen (katholisch und protestantisch)?

Es ist durchaus üblich, dass eine kurze, standesamtliche Trauung nur im Beisein der Zeugen und/oder den Eltern stattfindet, und einige Tage oder Wochen später eine große Hochzeitszeremonie folgt. Menschen in Städten lassen sich oft auch nur standesamtlich trauen. Im Stadthaus Zürich zum Beispiel werden Ziviltrauungen, d.h. standesamtliche Hochzeiten zeitweise gleichzeitig in mehreren Räumen abgehalten, weil der Ort so stark gefragt ist.

Bei kirchlichen Zeremonien ist es etwas komplizierter, da es in der Schweiz viele Religionen gibt und ich deshalb oft nicht weiß, was mich erwartet. Nebst katholischen Zeremonien nehme ich oft an Trauungen in reformierten Kirchen teil. Hier tritt der Hochzeitspfarrer meist im Zivilanzug auf, es kann zum Beispiel eine Band mit Gitarren, Schlagzeug, Keyboards etc. mit bekannten Hits aufspielen, wo sowohl das Hochzeitspaar wie die Gäste aus vollem Herzen mitsingen. Religiöse Menschen in der Schweiz sind ihrem Glauben sehr verbunden. Auch heute noch werden junge Verlobte in gewissen Kreisen angehalten, sich der altbekannten Regel „nach der Ehe“ zu unterwerfen!

Eine besondere Hochzeit ist mir in Erinnerung, wo die Braut beruflich selber Pfarrerin war und die Hochzeitspfarrerin des Brautpaares ihre Kollegin.

Ich fotografierte auch die Hochzeit von Mormonen. Als Nichtmormone durfte ich aber den Tempel nicht betreten, da dieser ausschliesslich Mormonen vorbehalten ist.

Wie engagiert sich die Familie in der Hochzeitsplanung / Hochzeitsorganisation? Welche Rolle haben Trauzeugen?

Eine Hochzeit ist hauptsächlich ein Familienereignis. Die Familie unterstützt die Verlobten auf jeden Fall und hilft ihnen. Interessanterweise werden Geschenke für junge Verheiratete von Familienangehörigen und Freunden nach einer vom Brautpaar zusammengestellten Wunschliste (z.B. bebildertes Wunschbüchlein oder im Internet gestaltet) gekauft. Bestimmte Geschäfte sind sogar auf Hochzeitsgeschenke spezialisiert. Trauzeugen bezeugen nicht nur den Willen der Brautleute, sondern sind auch die wichtigsten Organisatoren und Koordinatoren des anschliessenden Hochzeitsfestes.

Die Schweizer sind in den Augen Vieler eine eher zurückhaltende, konservative Nation. Können sie auf Hochzeiten trotzdem „auf die Tube drücken“?

Schweizer genießen es, auf Hochzeiten zu spielen, zu wetteifern und Spaß zu haben. Sie tanzen auch gerne. Es stimmt, dass sie zwar oft etwas zurückhaltend bleiben, aber definitiv keinen Spaß verderben.

Welcher Ort für Fotoshooting war eine grosse Herausforderung?

In der Schweiz ist es kein Problem, unter dem blühenden Kirschbaum eine Zeremonie abzuhalten und danach durch den Schnee zum auf 1000 Meter ü/M. gelegenen Hotel zu waten. Auch habe ich schon im Neoprenanzug  im Eissee Fotos geschossen.

Was ist das Schwierigste daran, Hochzeitsfotograf zu sein?

Das erfährt ihr im nächsten Beitrag, wo ich Ludvík auch fragen werde, wie er mit dem Fotografieren von Hochzeiten angefangen hat, wie es war, mit einem berühmten Schweizer Fotografen zu arbeiten und was seine Pläne für die Zukunft sind.

 

Ludvík Daněk (Künstlername Ludwig Dalen) wurde vor 45 Jahren in Südostmähren geboren. Er verbrachte einen bedeutenden Teil seines Lebens im Ausland, wo er mit Fotoshootings begann. Nach Erfolgen auf dem Gebiet der Landschaftsfotografie (seine Fotografien wurden mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet), begann er vor 9 Jahren mit Hochzeitsfotografie, wo er ebenfalls als Spitzenfotograf gilt. Mehr auf seiner Website.

 

 

 

 

Ein großer Dank gehört meiner netten Freundin Therese für ihre Sprachkorrektur! 🙂

 

 

Kategorien: Im Gespräch mit, Schweiz
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Autorin

Hana Hurábová

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